Die Weitergabe von Fotos an die Presse – ein Fall für den Strafrichter?

Anmerkung zum Beschluss des BVerfG vom 23.Juni 2020 – 1 BvR 1716/17

Autor: Rechtsanwalt Christian Zahnow, LL.M.

17. Juli 2020 – Wer „routinemäßig“ mit der Weitergabe von Bildmaterial an die Presse beschäftigt war, konnte im Dezember 2010 aufatmen. Der Bundesgerichtshof entschied seinerzeit, dass presseexterne Hilfsorgane, insbesondere Bildarchive, bei einer Weitergabe von Bildmaterial an Presseredaktionen keinen Prüfpflichten in Hinblick auf eine Veröffentlichung unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 – VI ZR 30/09 – Rn. 7-10).

Das bedeutete, dass rechtswidrig hergestellte Fotoaufnahmen, also solche, die gegen den Willen des Abgebildeten angefertigt worden waren, ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen in Bildarchiven für die weitere Verwendung durch die Presse feilgeboten werden konnten. Diese großzügige Linie dürfte seit der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht am eigenen Bild – 1 BvR 1716/17 – ihr Ende gefunden haben.

In dieser Entscheidung kritisiert das Bundesverfassungsgericht, dass es Bedenken daran habe, dass der Bundesgerichtshof sämtliche Weitergaben von Bildmaterial an die Presse aus dem Anwendungsbereich der Strafvorschrift des § 33 KUG herausnimmt. Denn dies würde dann auch Bildnisse betreffen, die zwar „routinemäßig“ an die Presse weitergegeben werden, die aber offenkundig rechtswidrig sind (z.B. Intimfotos).

Dogmatisch hatte der BGH seine großzügige Rechtsprechungslinie damit begründet, dass die routinemäßige Weitergabe von Bildmaterial nicht als „Verbreiten“ i.S.d. § 22 f. KUG anzusehen sei.

Auch die Strafvorschrift des § 33 KUG knüpft an ein Verbreiten an:

§ 33 KUG

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Diese starke Verengung des Begriffs des Verbreitens könnte nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun ein Ende haben. Und damit steht der BGH vor einem Problem. Wie soll er die zahlreichen Anwendungsfälle, in denen Bildmaterial routinemäßig auf legalem Wege an die Presse weitergeleitet wird (z.B. über Bildarchive) aus dem Anwendungsbereich des § 33 KUG herausnehmen, wenn nicht über den Begriff des „Verbreitens“ ?

Ein abgestuftes Schutzkonzept besteht aus mehr als nur einem Wort. Der Spielraum für den BGH dürfte denkbar eng sein.

Eine „saubere“ dogmatische Lösung sähe anders aus. Sie würde die routinemäßige Weitergabe in einem eigenen Kapitel regeln: Im Rahmen des Gesetzes zum Schutz der Persönlichkeitsrechte.

 

© FILDELITAS 2020, Foto: Shutterstock

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